Vom Balkan und albanischen Grenzern
Rallye 2013 – Tag 3:
Vom Balkan und albanischen Grenzern
Die ersten Sonnenstrahlen an der kroatischen Küste weckten uns gegen 6 Uhr. Was wir am Abend zuvor gar nicht so wahrgenommen hatten, zeigte sich jetzt in seiner ganzen Pracht.
Wir hatten unser Lager mitten in einem Olivenhain aufgeschlagen.
Während unseres Frühstücks kam noch der Bauer vorbei, in dessen Plantage wir ungefragt genächtigt hatten. Entgegen unserer ersten Erwartung war der Landwirt aber zu Scherzen aufgelegt und von unserer Tour mehr als fasziniert!
Gegen dreiviertel Acht, im Abbau unseres Nachtlagers waren wir mittlerweile geübt, ging es wieder auf der D8 entlang der Küste, immer dem Sonnenaufgang im Osten entgegen.
Dass bereits um diese Uhrzeit in Split, der zweitgrößten Stadt Kroatiens solch ein Verkehr herrscht, hatten wir nicht erwartet.
Am Abend zuvor begegneten uns auf der Strecke schon viele Studenten, die mit Pappschildern versuchten in Richtung Dubrovnik zu trampten. Hier in Split war aber eine ganze Horde, die uns belagerte und auf eine Mitfahrgelegenheit hoffte.
Die D8 als Küstenstraße wurde immer kurviger und unübersichtlicher. Mit unseren vermeintlich riskanten Überholmanövern sorgten wir bei den Kroaten vermutlich für Entsetzen. Überholten wir doch an den unübersichtlichsten Stellen eine lange PKW-Karawane die einem LKW folgte.
Was die anderen Verkehrsteilnehmer allerdings nicht wissen konnten, einiges vor dem LKW fuhren schon Fred und Ulf, die uns über CB-Funk über den Gegenverkehr informierten. Ein Überholen war also absolut gefahrlos! Teamwork macht’s möglich.
Gegen Mittag entdeckten wir am Wegesrand 3 uns wohl bekannte Autos. Das Team Spätzle Arabica hatte in Split einen Unfall und versuchte, ihr Auto notdürftig zu reparieren.
Als Dank, dass wir ihnen mit Werkzeug und Kabelbindern aushelfen konnten, präsentierten Sie uns ihren Spätzle-Song auf unserem Akkordeon.
Kurz nach Mittag konnten wir auch die Grenze nach Bosnien-Herzogowina überschreiten. Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik hat hier einen nur wenige Kilometer breiten Streifen der ans Meer führt und Dubrovnik vom Rest Kroatiens abschneidet.
Auf diesen wenigen Kilometern witterte die bosnische Polizei allerdings ihr fettes Geschäft. Wie weder wir noch die meisten anderen Teams wussten, gilt dort auf allen Straßen eine Tagfahrlicht-Pflicht. Prompt wurde der Frontera von den lokalen Ordnungshütern heraus Gewuncken. 28€ Strafe sollten wir aufgrund der Ordnungswidrigkeit zahlen. Zähes Verhandeln und ein Druck auf die Tränendrüse erstparte sowohl uns als auch dem nachfolgendenTeam, den FlyingRattities aus Kiel die Geldbuße.
Nach nur 20 Minuten standen wir bereits am nächsten Grenzübergang. Es ging ins Kroatische Exklave Dubrovnik, scheinbar dem Ziel vieler anderer Reisenden auch. In der Warteschlange an der Grenze ließen wir uns es allerdings nicht nehmen, die Nordlichter auf ihr Fehlverhalten und das durch uns gesparte Geld hinzuweisen, worauf die Rattities sich mit einer Einladung auf ein Bier bedankten.
Weiter ging es am Meer entlang bis kurz vor der Stadtgrenze von Dubrovnik. Da wir sehr gut in der Zeit lagen, wollten wir hier noch einmal einen Badestop im Mittelmeer einlegen. Das glasklare Wasser lud förmlich dazu ein.
Glasklar war allerdings nicht nur das Wasser, sondern auch so einiges auf dem Meeresgrund. Mit einem schön tiefen Schnitt in der Ferse endete das Badevergnügen kaum nachdem es angefangen hatte.
Ein Einsatz für Szymon! Dank des durch unseren Pharma-Biologen mitgeführten Medizinschrankes, unter anderem mit Desinfektionsmittel und Klammerpflastern musste der Fuß nicht amputiert werden.
Memo an mich selbst: Stirilium ist eigentlich zum Hände- und nicht zum Wunden desinfizieren gedacht. Das brennt wie Hölle! Das nächste Mal wenn ich mit Szymon so eine Tour unternehme unbedingt ein Beißholz mitnehmen!
Unmittelbar vor der Grenze zu Montenegro war noch einmal ein Tankstop fällig. Nicht weit weg schien auch das Ziel der Studenten-Autostop-Tramper-Rallye zu sein. Im Minutentakt hielten Autos aus verschiedensten Gegenden an um Studenten aussteigen zu lassen.
Bei der Ausreise aus Kroatien und der Einreise nach Montenegro erhielten wir auch unsere schon lange ersehnten ersten Rallye-Souvenirs – zwei Stempel im Reisepass!
Direkt nach der Ankunft in Montenegro war uns allen klar – das hier ist ein Land, in dem man Urlaub machen kann! Weiter ging es der Küstenstraße entlang bis an einen Meerbusen bei Risan.
Hier gab es jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder mit der Fähre über die Meerenge oder auf dem 50km Landweg einmal drum herum.
Da bei der Allgäu-Orient-Rallye mit Ausnahme der
Bosporusfähre und der Israelfähre keine Fährnutzung erlaubt ist, blieb uns nur der Weg über Land.
Wie wir später feststellen mussten, nahmen leider nicht alle Teams diese Regel so ernst. So begegnete uns ein anderes Team welches vor der „Fyordumrundung“ noch hinter uns war auf der anderen Seite wieder. Frisch gestärkt nach ihrem Mittagessen.
Wir hingegen genossen die Fahrt um die mit Bergen eingefasste Seezunge und hatten quasi ein Deja-Vue. Die gesamte Gegend hier kam uns sehr bekannt vor, später stellte sich heraus, dass hier der James Bond Film – Casino Royal gedreht wurde.
Nach einem Großeinkauf im letzten großen Supermarkt endete für uns auch die Küstenstraße. Wir bogen ab in die Berge. Schlechte Straßen, viel Staub und jede Menge Action mit den GoPros!
Kurz vor halb neun am Abend erreichten wir die Grenze zu Albanien. Vor uns nur 4 Autos, das sollte ja schnell gehen.
Scheinbar aber doch nicht. Vor uns wurden 2 Autos mit italienischen Kennzeichen in den Zollbereich gewunken. Plötzlich standen ein dutzend wild gestikulierender und schimpfender Italiener im Zollbereich. Wir bekamen ein ungutes Gefühl. Wir wollen da auch noch drüber. Müssen wir danach womöglich auch noch unser ganzes Auto ausräumen? Das kann dauern…
Nach einer gefühlten Ewigkeit durften wir dann auch zur Grenze vorrollen.
Nach der mittlerweile routinierten Übergabe unserer Pässe an den Grenzbeamten wurden wir kurz schräg von der Seite angeschaut und man stellte uns die Frage: „Deutsch?“.
Als wir das bejahten fing der Grenzer nur zu grinsen an und meinte „Deutsche Gut!“.
Uns fiel ein Stein vom Herzen, was waren wir erleichtert. Scheinbar mögen die Albaner die Deutschen, nicht aber die Italiener°
Während der Überprüfung unserer Pässe, was mit der etwas in die Jahre gekommenen albanischen Technik seine Zeit in Anspruch nahm, hatten wir auf Deutsch, Englisch sowie mit Händen und Füßen unseren Spaß mit den Albanern. Nachdem wir von unserem Ziel und dem Zweck der Rallye berichteten, verewigte sich die ganze Grenzstation noch mit einer Unterschrift auf unserer Motorhaube und wir wurden mit einem lauten „Facebook – We like you!“ verabschiedet.
Waren wir von den anderen durchquerten ehemaligen jugoslawischen Republiken teilweise schon Straßen in nicht mehr ganz so gutem Zustand gewohnt, war Albanien die Krönung.
Die Straßen waren sowohl innerorts als auch außer Orts gänzlich unbeleuchtet. Überall querten streunende Hunde die Straße, unbeleuchtete Fahrradfahrer und Fußgänger mitten auf der Straße und zu allem Überfluss auch noch Autos die an unübersichtlichen Stellen einfach auf der Straße abgestellt waren.
Macht aber nichts. Aufgrund des Straßenzustandes war ein schnelles vorankommen ohnehin ausgeschlossen. In den Schlaglöchern hätten ganze Kreuzfahrtschiffe verschwinden können, da wundert es nicht, das wir einmal sogar mit unserem Geländewagen aufsaßen…
Wenige Kilometer vor der Hauptstatt Tirana mussten wir dann auch noch feststellen, dass die Albanischen Straßenkarten mehr oder weniger, eigentlich gar nicht zu gebrauchen sind. Wo laut unserer Karte eine Nebenstraße, Kategorie 3 eingezeichnet war, befand sich plötzlich eine Nagelneue Autobahn im 1a Ausbauzustand. Für uns natürlich ein Tabu.
Nach einem kurzen Hindernisparcours auf einer Straßenbaustelle zwischen den Baumaschinen befanden wir uns auf der anderen Seite der Neubaustrecke von wo es wieder in die Berge ging.
Kilometer um Kilometer schraubten wir uns der steilen Bergstraßen nach oben. Zum Glück war es schon dunkel, so sahen wir nicht, an welch steilen Abhängen ohne Leitplanken oder Mauern wir uns bewegten.
Auf der Passhöhe angekommen, schlugen wir unser Nachtlager in einer Seitenstraße auf und erhielten kurz darauf schon die ersten SMS von unseren daheim gebliebenen Fans. Das ganze muss auf dem Livetracking wohl sehr abenteuerlich ausgesehen haben.