Mit neuen Bremsen nach Ordu
Rallye 2013 – Tag 10:
Mit neuen Bremsen nach Ordu
Dank unseres Zeitvorsprungs in Zile war heute endlich mal wieder
ausschlafen angesagt ehe es am späten Morgen Richtung der Burg Zile
ging.
Schon direkt nach dem losfahren bemerkten wir ein komisches Brummen im
Radkasten, was wir auch am Abend vorher schon wahrgenommen hatten und
das beim Bremsen immer lauter wurde. An der Burg angekommen bestätigte
ein Blick in den Radkasten unsere Vermutung. Die in Deutschland erst neu
eingebauten Bremsbeläge waren bis „Null“ runter gebremst und so bremste
nur noch „Metall auf Metall“. Mist, hier in Zile kann uns keiner
helfen, die nächste Werkstatt die auch Ersatzteile auf Lager hat
befindet sich laut einheimischen in Tokat, der nächsten großen Stadt in
70km Entfernung.
Allerdings wollten wir, trotz des Ärgernisses erst einmal unsere Etappenaufgabe erledigen und besichtigten die Burg. Dabei konnte ich es mir nicht nehmen lassen, mich einmal auf den Felsvorsprung zu stellen, auf dem Julius Cäsar auch schon stand und die berühmten drei Worte „Vini, Vidi, Vici“ in Richtung dorf zu rufen.
Naja, wir kamen, wir sahen auch, gesiegt haben wir allerdings noch nicht. Erstmal mussten nämlich dringend unsere Bremsen repariert werden. Andere Teams meinten zwar, wir würden doch keine Bremsen brauchen, denn wer bremst verliert. Dann aber doch lieber überlebend verlieren als tot gewinnen *g*
Wir machten uns also in sehr defensiver Fahrweise auf nach Tokat, der Stadt in der einst Graf Dracula gefangen gehalten wurde und entdeckten direkt am Stadtrand eine VW Vertragswerkstatt. Die Verständigung gestaltete sich allerdings deutlich schwerer als gedacht. Waren wir bisher mit Englisch und Deutsch sehr gut durch gekommen, war hier ohne Türkischkenntnisse nichts zu machen. Mit Hand, Fuß und GoogleTranslate konnten wir dem Werkstattleiter letztendlich verdeutlichen, dass wir dringend neue Bremsbeläge benötigen.
Womit wir allerdings nicht gerechnet haben: Wir sind hier in einer VW Vertragswerkstatt und hier wird streng nach den Vorgaben des deutschen Mutterkonzerns gearbeitet. Bremsbeläge tauschen ist hier immer auch an den Tausch der Bremsscheiben gekoppelt, die eigentlich noch ziemlich gut in Schuss waren. Selbst auf Anfragen unsererseits, wir würden nur eine Hebebühne mieten wollen, würden die Teile selbst besorgen und auch einbauen ging man nicht ein.
Nach mehr als einer Stunde zähen Verhandelns gaben wir schließlich auf und wollten uns in der Hoffnung vielleicht einen Schrottplatz zu finden noch etwas in Tokat umschauen.
Was wir dann allerdings in einem knappen Kilometer Entfernung gefunden haben, damit haben wir nicht gerechnet. Eine „Schraubergasse“ – Eine Straße, an der sich Rechts und Links kleine Werkstätten, kaum größer als eine Autogarage befanden.
Wir steuerten also auf die erste Werkstatt mit Hebebühne zu, erklärten kurz dass wir eine Rallye fahren und Probleme mit den Bremsen hätten.
Schnell war das Auto welches eben noch auf der Hebebühne war heruntergeschoben und unser Passat hochgebockt. Während Fred, der den Türkischen Mechanikern wohl nicht so ganz trauen wollte, selbst Anlegte und die verschlissenen Bremsbeläge demontierte, machte sich der Werkstattbesitzer auf den weg, für uns neue Beläge zu besorgen.
Team um Team fuhr an uns vorbei, während wir Fred beim Arbeiten zusahen und Cay Tranken.
Später gesellte sich noch das Team „Spätzle Arabica“ zu uns, die auch in der Schraubergasse waren um ihre Motorölvorräte aufzufüllen. Einer ihrer drei Passats hatte wohl mittlerweile einen Bedarf von einem Liter Motoröl am Tag.
Gut eine Stunde später war unser Auto wieder Verkehrssicher und wir konnten endlich mit dem zweiten Teil der Chinesenrallye beginnen, der uns an die Schwarzmeerküste nach Ordu führen sollte.
Nachdem wir von einem Einheimischen den Verlauf der Chinesenrallye erklärt bekamen, ging es auch endlich los.
Über holprige bergige Straßen ging es Richtung Norden. Schon wenige Kilometer nach dem in die Rallye eingestiegen waren, überholten wir Det und Rene vom Organisationskomitee auf der Strecke und machten trotz unseres verspäteten Starts schnell Plätze gut.
Auf einer Ebene sahen wir schon die grünen Frontera des Teams „WG-Gesucht“ stehen sowie eine Horde Türken. Die Berliner hatten offensichtlich eine Panne und keiner konnte ihnen helfen. Wir hielten an um uns etwas gutes Karma zu sichern.
Nach einem kurzen Lagecheck war klar, den Jungs war ein Reifen geplatzt und sie hatten weder Wagenheber noch Werkzeug dabei. Wir halfen natürlich mit unserem Werkzeug aus und wechselten den Berlinern den Reifen. Dass uns dabei mehrere Teams, inklusive des Organisationskomitees überholten, war uns nebensächlich, kommt es doch am Schluss eh nicht auf die Zeit an.
Da wir bereits vor der Pannenhilfe sehr schnell unterwegs waren, ging es zügig weiter und wir Arbeiteten und Auto für Auto nach vorn, bis wir wieder das Organisationskomitee überholten und auf unserem ursprünglichen Platz zurückkehrten.
Als wir die Schwarzmeerküste erreichten, sahen wir uns schon im Fahrerlager am Stand liegen, das war aber weit gefehlt. Noch 4 Seiten mit Chinesenrallye-Fahranweisungen lag vor uns bis wir 3 Stunden später in Ordu ankamen. Ein mittelschwerer Fahrfehler in die Falsche Richtung inklusive!
Das Fahrerlager in Ordu war schnell ausgemacht, da wir aber als eines der letzten Teams ankamen, waren die ganzen guten Plätze schon belegt.
In Ordu sollte auch die Übergabe der Musikinstrumente an die Musikschule des Festspielhauses erfolgen. Für Rallyeverhältnisse Pünktlich, die Vorstellung wurde nur 3 mal verschoben, standen 111 Musiker mit ihren Instrumenten auf der Bühne des Festspielhauses um ein kleines Konzert zu geben. Was sich der Kulturminister der Region und der Leiter des Festspielhauses allerdings bei dieser „Aufführung“ über uns deutsche gedacht haben, würde ich wirklich gerne mal wissen. Wir haben so ungefähr garkeinen Ton getroffen.
Nach dem Konzert blieb noch genügend Zeit, um im Schwarzen Meer baden zu gehen und, mittlerweile obligatorisch, mit unseren OPEL-Freunden ein kühles deutsches Bier zu trinken.